Eine weitere Leseprobe aus unserer Stadtteil-Broschüre

Station 2: Die Projektierung des Heinrich-Heine-Viertels 1957 – 1961
Hier: Annenstraße und Dresdener Straße
Nach den massiven Kriegszerstörungen war die Schaffung von Wohnraum dringend notwendig. Nun war es auch im Berliner Stadtzentrum möglich, die architektonischen Ideen des "Neuen Bauens" der 1920er Jahre wieder aufzugreifen und schnell und kostengünstig "Wohnungen für alle" zu bauen – ein Stil, der während der NS-Herrschaft geächtet war.
Im Dezember 1957 schlug die SED die Projektierung einer Siedlung im Bereich Alte und Neue Jakobstraße, Sebastianstraße und Neanderstraße vor und bereits 1958 konnte mit dem Bau begonnen werden. Die Reste der ehemals stark verdichteten Blockrandbebauung des Neanderviertels wurden vollends abgetragen und an ihrer Stelle bestimmten nun von Grün umgebene Zeilenbauten das architektonische Bild – ganz im Sinne des 1958 entwickelten Leitbildes des "sozialistischen Wohnkomplexes".
Vorankündigung unser AG Geschichte
"Historischer Pfad im Heinrich-Heine-Viertel - Auf den Spuren der Vergangenheit eines vielseitigen Viertels".
Um die noch intakte Kanalisation und Versorgungsleitungen aus der Vorkriegszeit weiter verwenden zu können, musste der städtebauliche Entwurf modifiziert werden. Die Zeilenbauten wurden so gesetzt, dass die im Boden bestehende Infrastruktur trotz der völlig veränderten Ausrichtung und Form der Gebäude weiter nutzbar war.
Noch während der Bauzeit wurden die Neanderstraße und das Viertel umbenannt:
Statt nach einem Fabrikanten der Kaiserzeit heißt das Viertel ab 1960 nach dem freiheitsliebenden und vorrevoluti-onären deutschen Dichter Heinrich Heine. In nur drei Jahren von 1958 – 1961 errichtet, war der erste Bauabschnitt des Heinrich-Heine-Viertels eine der ersten Siedlungen in Berlin, die in industrieller Bauweise auf modernem Stadtgrundriss realisiert wurde.
Bild: "Erster sozialistischer Wohnkomplex in Berlin" – Dachmontage, 1959 - Großansicht hier
Dieser erste Bauabschnitt bestand aus dem "Wohnkomplex 14" mit 20 Wohnblöcken und insgesamt 800 Wohnungen. Vier- bis fünfgeschossige Wohnzeilen in lockerer, fächerförmiger Anordnung sind die baulichen Grundelemente der Siedlung. Dadurch ist gewährleistet, dass alle Wohnungen Sonne und Luft bekommen.
Die für diese Zeit typischen zeilenförmigen Q3A-Bauten wurden in Großblockbauweise erstellt und durch die industrielle Vorfertigung die Bauzeiten extrem verkürzt. Das Rückgrat der Siedlung bildet eine zentrale Grünachse, die an den Park der 1958 noch vorhandenen Ruine der Luisenstädtischen Kirche anschließt.
Richtung Süden öffnet sich diese Grünfläche trichterförmig. Hier waren Läden, Gemeinschaftseinrichtungen sowie Spiel- und Erholungsflächen vorgesehen die teilweise realisiert wurden. Als räumlicher Abschluss zur Stadtgrenze nach Westberlin wurde die Heinrich-Heine-Oberschule gebaut, in der jetzt die City-Grundschule untergebracht ist.
tr | sw
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Zeichnung oben: Städtebaulicher Entwurf für das Neanderviertel, fächerförmig angeordneter Wohnkomplex 14, 1957