Foto Waldeckdenkmal © B. Leopold(von Beate Leopold)
Wer ist nicht schon gedankenverloren statt Oranienstraße oder Alte Jakobstraße entlang lieber durch die fast parallelen Wege im Waldeckpark gegangen und hat sich gefragt, an wen das Denkmal erinnern soll? Wer war der auf dem Sockel stehende Herr Waldeck? Warum steht ein einzelnes Grabmal im Park und was hat der eine mit dem anderen zu tun?
Beim Schlendern durch den recht überschaubaren Park stellen sich etliche Fragen, auf die es vor Ort keine Antworten gibt. Nichts informiert über den Namensgeber des Parks, Franz Benedikt Leo Waldeck, der einsam auf dem Sockel steht sowie über die jahrhundertealte wechselvolle Geschichte dieses Parks.
Dabei hätten sowohl der Mensch als auch der Ort es verdient, dass Vorübergehende mehr über sie erfahren.
Waldeckpark früher ...
Aber schön der Reihe nach: Fangen wir an mit dem Ort, denn er war zuerst da, allerdings ursprünglich nicht als Park. Hier ließ 1670 der Magistrat der Doppelstadt Berlin-Kölln ein Pesthaus mit anschließendem Friedhof für die Pesttoten errichten, damals noch weit vor den Stadtmauern. Ab 1694 diente er als Armenfriedhof der Petrikirche, auf dem später auch andere Gemeindemitglieder begraben wurden. Übrig blieb davon nur der heute noch dort stehende Grabstein des 1832 verstorbenen Königlich Preußischen Stallmeisters Ernst Ferdinand Ayrer. Er hat nichts mit dem Mann auf dem Sockel zu tun. Damit ist schon mal die Frage um das einzelne Grabmal geklärt.
Foto Grabmal Ayrer.© B. Leopold
Mit der Schließung des Friedhofs in den sechziger Jahren 19. Jahrhunderts entstand nach und nach eine Grünanlage und im Mai 1870 wurde der Park zur unentgeltlichen Nutzung übergeben. Hier sollten die in den umliegenden engen Wohnungen und lichtlosen Hinterhöfen lebenden Menschen eine Möglichkeit zur Erholung im Grünen bekommen. 1889 wurde das heute wieder dort stehende Denkmal für Franz Benedikt Waldeck enthüllt und der Park erhielt seinen uns bekannten Namen Waldeckpark.
Damit aber nicht genug der Wandlungen und Veränderungen: Kaiser Wilhelm II. hatte offensichtlich etwas gegen Waldeck und ließ das freistehende Denkmal einzäunen. 1936 wurde der Waldeckpark durch die Berlinische Lebens-Versicherungs-Gesellschaft umgestaltet und erhielt zu Ehren des Firmengründers Heinrich Lobeck den Namen Lobeck-Park. 1937 wurde das Waldeck-Denkmal auf Drängen der Nazis entfernt und verschwand. Waldeck war ihnen auch aufgrund seiner Herkunft, seiner „jüdischen Versippung“, ein Dorn im Auge.
Das Denkmal wurde nach dem II. Weltkrieg auf einem Friedhof in Reinickendorf gefunden. Ebenso wie der westliche Teil der Luisenstadt wurde auch der Waldeckpark im Krieg völlig zerstört. Erst in der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre wurde er im Zusammenhang mit dem Bau der Otto-Suhr-Siedlung wieder hergerichtet, sogar erweitert und mit einem Sportplatz versehen. Auch das Waldeck-Denkmal wurde wieder aufgestellt und der Park bekam seinen alten Namen zurück.
...und heute
Eine blühende Oase ist er nicht gerade, auch wenn sich im Frühling einige Sträucher und Bäume mit ihren Blüten vom einheitlichen Grün abheben.
Foto: Abendstimmung im Park © B. Leopold
Ein paar Frühjahrsblüher würden sicherlich erfreuen, aber vielleicht wird es ja im Sommer etwas bunter. Es gibt aber trotzdem beim Rundgang oder Verweilen auf den Bänken einiges zu sehen sowie Möglichkeiten zum selbst aktiv werden, denn im Zuge der Aktion „Berlin bewegt sich“ wurden neuerdings unter anderem Balancier-Parcours mit etlichen Gerätschaften aufgebaut, auf denen der Gleichgewichtssinn geübt werden kann.
Auch an Menschen im Rollstuhl wurde gedacht, für sie gibt es einen Inklusiven Bewegungssteg, die unterschiedlichen Steigungen erfordern beim Befahren Geschicklichkeit mit dem Rollstuhl.
Foto Inklusiver Bewegungssteg Foto: © Beate Leopold
Fotos Wandbild Hilalspor und Fußballtraining. © B. Leopold
Der Kinderspielplatz und das Ballspielfeld bieten weitere Möglichkeiten zur spielerischen und sportlichen Betätigung. Der große eingezäunte Fußballplatz ist Trainings- und Spielstätte des Fußballvereins Berlin Hilalspor e.V, hier wird von Bambies (Jahrgang 2016/2017) bis Alte Herren durch alle Altersklassen hinweg Fußball gespielt.
Fotos Wandbild Hilalspor und Fußballtraining.© B. Leopold
Und wer war Waldeck?
Wer war er und warum verdient er auch heute noch ein Denkmal? Benedikt Franz Leo Ignatz Waldeck wurde 1802 in Münster geboren und starb 1870 in Berlin. Er war Jurist, liberaler Politiker und gilt als einer der führenden Linksliberalen in Preußen während der Revolution von 1848/49.
Foto Portrait Benedilkt Waldeck
Als Mitglied der preußischen Nationalversammlung arbeitete er an wichtigen Reformgesetzen sowie maßgeblich am Verfassungsentwurf der Nationalversammlung mit. Alle adeligen Vorrechte sollten abgeschafft und die persönlichen Freiheiten sowie Presse- und Versammlungsfreiheit garantiert werden. Vorgesehen waren eine klare Trennung von Kirche und Staat sowie die Neuausrichtung des Volksschulwesens. Dieser Verfassungsentwurf konnte zwar nicht durchgesetzt werden, es gelang Demokraten und Radikalliberalen aber, einen umfassenden Grundrechtskatalog durchzusetzen und ein umfassendes Vetorecht des Königs zu verhindern. Aber offensichtlich war die Zeit noch nicht reif für demokratische Reformen, denn die Gegenrevolution siegte, das Parlament wurde im April 1849 aufgelöst und Waldeck am 16. Mai 1849 verhaftet.
Die Untersuchungsbehörden taten sich schwer, Beweise für ein ungesetzliches Verhalten seinerseits zu finden, so dass er erst ein halbes Jahr später vor Gericht kam.
Satire der Zeitschrift Kladderadatsch zur Inhaftierung Waldecks
Angeklagt wurde er wegen Mitwisserschaft an einer Verschwörung und geplantem Attentat auf den König. Im Prozess verwickelten sich die Zeugen, unter ihnen der Chef der preußischen Geheimpolizei, jedoch in Widersprüche. Ihre Angaben wurden von den Geschworenen sowie den Richtern als nicht stichhaltig angesehen. Waldeck wurde freigelassen und von einer großen Menschenmenge als ein Märtyrer der Revolution stürmisch gefeiert. Er hatte jedoch vorerst keine Möglichkeit mehr zur politischen Arbeit.
Als mit dem Beginn der Regentschaft des späteren Königs Wilhelm I. die Opposition auf den Beginn einer Neuen Ära hoffte, wurde Waldeck wieder politisch aktiv und zu einem der führenden Politiker der Fortschrittspartei. Er hoffte, unter dem neuen König aus dem Parlament heraus zentrale politische Reformen durchsetzen zu können. Diese Position geriet jedoch spätestens mit der Ernennung Otto von Bismarcks zum Ministerpräsidenten ins Wanken. Bismarck sollte mit allen Mitteln den Widerstand der liberalen Mehrheit im Parlament gegen eine von konservativer Seite befürwortete Heeresreform brechen. Waldeck stand mit an der Spitze der Opposition.
Die Einigungspolitik Bismarcks wurde zu einer Belastungsprobe für die Fortschrittspartei. Das Ziel der deutschen Einheit und die Führungsrolle Preußens wurde von ihr zwar geteilt, die Art und Weise des Vorgehens aber war umstritten. Waldecks Haltung war jedoch eindeutig: Preußen könne für Deutschlands Einheit und Freiheit nichts tun, „solange es innerlich nicht zur Freiheit gelangt“ sei. Diese Position wurde ihm als „kurzsichtiger Doktrinarismus“ vorgeworfen. Waldeck Einfluss nahm auch vor dem Hintergrund des Sieges Preußens im Krieg gegen Österreich stetig ab und er konnte die Spaltung des Liberalismus und Gründung der nationalliberalen Partei nicht verhindern. Der Liberalismus als Oppositionsbewegung verlor erheblich an Bedeutung.
Waldeck starb am 12. Mai 1870 in Berlin und wurde auf dem Berliner St.-Hedwig-Friedhof an der Liesenstraße beigesetzt. An seinem Trauerzug beteiligten sich zehntausende Menschen. Sein Grabmal ist nicht erhalten.
Beate Leopold
Verwendete Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Benedikt_Waldeck
https://berlingeschichte.de/lexikon/frkr/w/waldeckpark.htm
https://friedrichshain-kreuzberg-online.de/index.php/der-waldeckpark/
Berliner Bezirkslexikon Friedrichshain-Kreuzberg, Herausgegeben von Hans-Jürgen Mende und Kurt Wernicke, Haude & Spener 2003.
Stefan Löffler: Vom Friedhof zur Grünanlage – Der Waldeckpark., in: Bürgerverein Luisenstadt (Hg.): Die Luisenstadt - Geschichte und Geschichten über einen alten Berliner Stadtteil. Reprint der Originalausgabe 1995, 1. Auflage Berlin Story Verlag 2018.