
Nur wenige wissen um die verborgenen und zum größten Teil nicht mehr vorhandenen Schätze der Köpenicker Straße. Hier wurde 1878 Gustav Stresemann geboren, bedeutendster Politiker der Weimarer Republik und für seine Bemühungen um Frieden und Völkerverständigung 1926 mit dem Friedensnobelpreis geehrt. Hier befanden sich die bekannte Späth´sche Gärtnerei, einer der ältesten, noch bis 1995 in Betreib befindliche deutschen Eisfabriken sowie etliche andere namhafte Fabriken. In vielen von ihnen mussten in der NS-Zeit Jüdinnen und Juden sowie Zwangsarbeiter*innen verschiedener Nationen unter erbärmlichen Bedingungen arbeiten. Aber das ist ein anderes Kapitel.
Seit Fall der Mauer ist die Köpenicker Straße in ihrer gesamten Länge von 2,2 Kilometern wieder für alle zugänglich und für Geschichtsinteressierte birgt sie etliche Überraschungen.
Schauen wir uns dafür nur einen kleinen Teil der Straße an.

Von der Ecke Köpenicker Straße/Heinrich-Heine-Straße kommend wirkt das Teilstück auf der rechten Seite zwischen Adalbertstraße und Engeldamm recht abschreckend.
Es ist kaum noch vorstellbar, dass sich hinter der Adresse Köpenicker Str. 132 ein großer Postbetrieb verbarg und quirliges Treiben herrschte. 1893 wurde hier ein Postfuhramt eingerichtet und 650 Pferde und 350 Postillione versorgten Menschen mit der täglichen Post.
Die Zeit ging natürlich auch an der Post und dem Postfuhramt nicht vorbei, Pferdekutschen wurden durch Kraftwagen ersetzt und das Gelände den neuen Erfordernissen entsprechend umgebaut. Dabei war die Post ihrer (und schon damals auch unserer Zeit) weit voraus: 1925 wurde der Pferdebetrieb komplett auf Elektrowagen umgestellt und auf dem Postfuhramt in der Köpenicker Straße entstand Europas größte Batterieladestation, die hauptsächlich für Postfahrzeuge genutzt wurde. Noch bis 1995 nutzte die Post das Gelände zur Wartung und Instandhaltung von Postfahrzeugen.
Unser Vorsitzender Peter Schwoch hat zur Geschichte des Postfuhramts eine sehr informative Web-Seite mit einem Zeitbericht aus dem Luisenstädtischen Heimatbuch von 1927, weiteren Informationen und Links sowie vielen Bildern erstellt. Schauen Sie rein und lassen sich überraschen.
Soweit zur Geschichte. Doch was ist jetzt mit dem Gelände?

Derzeit noch kaum vorstellbar, aber wenn die Planungen entsprechend umgesetzt werden, kann die Köpenicker Straße zumindest auf diesem Teilstück wieder an vergangene Zeiten anknüpfen. Lassen wir uns also überraschen und verfolgen wir interessiert eines der größten Bauvorhaben in unserem Gebiet.
Beate Leopold
Verwendete Quellen:
Berliner Bezirkslexikon Friedrichshain-Kreuzberg, 2003, Verlag Haude & Spener ....
ecke köpenicker, nr.1 -feb/märz 2022
https://de.wikipedia.org/wiki/Gustav_Stresemann
https://www.berlin-eisfabrik.de
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/elektromobilitaet-in-berlin-begann-das-e-mobilzeitalter-schon-um-1900-li.56246
https://www.xn--kpenicker-strasse-zzb.de/Postfuhramt.html
Postfuhramt Berlin-Mitte: Vom Lost-Place zum lebendigen Quartier in der Luisenstadt
https://entwicklungsstadt.de/postfuhramt-in-mitte-ein-neues-quartier-auf-historischem-grund/
https://www.luise-nord.de/altes-postfuhramt-in-der-koepenicker-strasse-bauen-durch-abriss/